Gegen das Überraschungsteam um den Finaleinzug
Die Schweiz kann zum zweiten Mal in Folge ins Finale einziehen. Dank der starken Vorrunde erhält sie mit Dänemark den vermeintlich einfachsten Halbfinalgegner. Doch die Dänen haben niemand Geringeres als Kanada eliminiert.
Seit der Startniederlage gegen Tschechien ist die Schweiz nun in sieben Spielen an der Eishockey-WM 2025 unbesiegt und kann mit einem weiteren Sieg ins Finale einziehen. Die Schweiz trifft dabei auf Dänemark. Davor spielt der Gastgeber Schweden gegen die USA.
«Als Mannschaft sind wir top drauf. Ich kann nicht sagen, welches Team besser war», sagt Kevin Fiala angesprochen auf den Vergleich mit dem letztjährigen Silberteam.
Weil die Schweizer so stark und Kanada ausgeschieden ist, sind die Schweizer nun topgesetzt als Gruppensieger und erhielten als Halbfinalgegner Dänemark zugelost. Mit Siegen über Österreich (13. der Weltrangliste) und Dänemark (11.) ins Finale? So einfach hätte es auf dem Papier noch keine Mannschaft gehabt. Doch die Dänen sind im Rausch. Der historische 2:1-Viertelfinalsieg gegen Kanada war der fünfte Sieg in Serie. Und was für einer es war!
«Wir haben schon gewusst, dass etwas ganz Spezielles passieren muss. Aber wir haben eigentlich sehr gut gespielt», sagte Nikolaj Ehlers. Der Winnipeg-Stürmer beantwortete nach dem dänischen Medienmarathon zum Schluss noch Fragen auf Schweizerdeutsch. Der ehemalige Biel-Junior wird im Sommer auch mal nach Basel fliegen, um seinen Vater, den Trainer Heinz Ehlers, zu besuchen.
«Wir haben sie gut aussen spielen lassen und standen ihnen keine grossen Chancen im Slot zu», sagte er. So ist auch der Plan gegen die Schweiz. «Wir dürfen die Schweizer ja nicht in der Mitte spielen lassen. Die sind zu gut für das. Es wird hoffentlich ein spannendes Spiel. Wir geben natürlich alles, wie heute.»
Für Ehlers, der seine Hockeykarriere fernab seiner dänischen Wurzeln verbracht hat, ist es die fünfte WM und er geniesst jedes Mal die Zeit.
«Ich liebe diese Spieler. Sie sind wie eine Familie. Es ist immer speziell, nach Hause zu kommen und mit dem dänischen Trikot zu spielen. Wenn Dinge wie heute passieren, macht es das umso spezieller. Ich bin sehr stolz», sagt er.
Auf die Schweiz freut er sich. Und besonders auf seinen Winnipeg-Teamkollegen Nino Niederreiter, mit dem er Textnachrichten austauschte während des Turniers.
«Es wird sicher ein lustiges, spannendes Spiel. Wir haben Kanada geschlagen im Viertelfinal. Wenn wir so spielen können, erarbeiten wir uns ganz sicher eine Chance. Wir wissen schon, wie gut die Schweiz ist, aber im Eishockey hast du immer eine Chance», sagt Ehlers.
Im Team ist auch Nicklas Jensen, der Stürmer der SC Rapperswil-Jona Lakers. Wir begegneten ihm nach dem Spiel. (Und ganz zufällig am Tag danach beim Einkaufen eine Mitarbeiterin im Duty-Free-Shop, die sich als seine Mutter vorstellte.)
«Es wird wieder eine grosse Herausforderung. Ich würde sie als eine der besten Nationen dieser Weltmeisterschaft einstufen. Sie haben es am Turnier gezeigt. Wir haben grossen Respekt für sie, aber wir haben auch grossen Respekt für uns», sagte Jensen zum bevorstehenden Duell. «Wir zeigten, dass wir speziell sein können. Wir schlugen soeben die beste Hockeynation der Welt. Das ist das Tolle im Eishockey. Alles kann passieren. Es ist ein Spiel. Es wird speziell erstmals im Halbfinale zu spielen.»
Was die Dänen gegen Kanada machten, wollen sie auch gegen die Schweiz gerne wiederholen.
«Unser Plan war solange wie möglich im Spiel zu bleiben mit einem knappen Resultat. Gute Teams können dann frustriert werden. Wir wurden besser und besser. Wir kreierten mehr Chancen während des Spiels. Wir machten gut Druck im dritten Drittel», sagte der Captain Jesper Jensen Aabo. Dass die Schweizer die Dänen so unterschätzen werden wie die Kanadier, darf aber nicht erwartet werden. Das zeigten sie schon im Viertelfinale gegen Österreich.
Die Euphorie bei den Dänen ist jedenfalls gross, wie der Captain es umschreibt: «Es ist ein grosser Moment. Es ist wie ein Märchen. Nun spielen wir um Medaillen. Nur dies zu sagen gibt mir Gänsehaut und hört sich surreal an.»
Und er warnt auch gleich die Schweiz nach der 2:5-Vorrundenniederlage: «Die Schweiz hat eine gute Mannschaft und wir hatten immer Schwierigkeiten gegen sie, aber wir sind ein anderes Team als zu Beginn des Turniers und wir glauben dran. Wir müssen das Adrenalin aufrechterhalten und einfach dran glauben. Wir fühlen uns gut. Wir haben fünf Spiele in Serie gewonnen. Wir haben die Schweiz auch schon geschlagen.»
An der WM in der höchsten Spielklasse ist die Bilanz deutlich: 9 Spiele, 9 Schweizer Siege, zuletzt 8:0 (2024) und 6:0 (2022). An den Olympischen Winterspielen 2022 gab es indes eine 3:5-Niederlage gegen die Dänen.
Vor dem Abendspiel hätten die meisten Fans noch mit einem Halbfinalduell gegen Schweden gerechnet, wären die Kanadier weitergekommen. Den Schweizer Spielern war der Gegner aber ohnehin egal – gewinnen muss man schliesslich gegen jeden.
«Es ist ein Traum für uns ins Halbfinale zu kommen. Wir brauchen keine zusätzliche Motivation», formulierte es Fiala. Nach dem Motto: Schweden kann warten.
Gegen Österreich haben die Schweizer gezeigt, wie man gegen einen motivierten Aussenseiter eine Blamage gar nicht erst zum Thema macht. Sie spielten von Anfang an Vollgas als wären sie in einem WM-Finale gegen Schweden.
«Wir nahmen uns viel vor für den Start. Wir wollten von Anfang an hart spielen, Druck ausüben auf ihre Verteidiger. Wir machten Druck, wir sind gelaufen», war der Nationaltrainre Patrick Fischer vollen Lobes.
Die Schweizer konnten sich nach dem frühen Viertelfinale erholen und abwarten, wen sie als Gegner erhielten. Um 11:50 flogen sie per Charterflug von Billund nach Stockholm, hatten einen kleinen Team-Event und ab 18 Uhr ein optionales Training.
«Wir fliegen nach Stockholm. Das war unser Ziel. 2013 hatten wir dort eine schöne Reise, einfach mit dem falschen Ende», sagte Fischer, der damals noch Assistenztrainer war.
«Es macht einen stolz auf die Mannschaft. Wir haben einen unglaublichen Spirit. Alle arbeiten miteinander. Das ist das, was mich am meisten freut. Dafür bin ich dankbar. Wir haben schon harte Niederlagen [im Viertelfinale] eingesteckt. Darum schön, haben wir es geschafft.»
Für das Halbfinale ist er zuversichtlich. Nicht wegen dem Gegner, sondern dem Formstand und Energielevel seines eigenen Teams.
«Wir sind noch nie so erholt ins Viertelfinale gekommen. In den letzten paar Tagen konnten wir runterfahren und Leute passieren lassen. Wir haben [gegen Österreich] gesehen, wie viel Energie in dieser Mannschaft ist. Wir haben niemanden verloren. Das ist auch wichtig. Wir freuen uns auf Samstag.»
Imposant ist nicht nur die Offensive, die gerade gegen Österreich wieder glänzte. In den letzten sechs Spielen kassierten die Schweizer gerade einmal zwei Gegentreffer.
«Wir hatten ein wirklich ganz schlechtes Drittel gegen die Tschechen. Ansonsten ist unsere Verteidigung sattelfest. Sie spielen extrem hart hinten, machen aber auch gute Auslösungen. Wir haben auch Top-Torhüter und unsere Stürmer helfen den Verteidigern. Sie arbeiten nach hinten. Sie geben ihnen wenig Platz», sagte Fischer. «Wir sind die Mannschaft, die am wenigsten Chancen zulässt im gesamten Turnier, weil wirklich jeden für den anderen kämpft.»
Morgen geht es um 14:20 los mit dem ersten Halbfinale Schweden-USA, um 18:20 spielt dann die Schweiz gegen Dänemark. Damit wäre wieder einmal ein Finale gegen Schweden möglich, wie schon 2013 an gleicher Spielstätte in Stockholm und 2018 in Kopenhagen. Aber zuerst gilt es die Hürde Dänemark zu überspringen.