Schweiz und USA wollen Geschichte schreiben

24.05.25 - Von Martin Merk

Die Schweiz möchte morgen gegen die USA zum ersten Mal Eishockey-Weltmeister werden. Die Amerikaner ihrerseits wollen zum ersten Mal seit 1933 eine Weltmeisterschaft gewinnen.

Die Schweiz hat nicht nur ihre Gruppe gewonnen, sondern als zweitgesetztes Team hinter dem ausgeschiedenen Kanada auch in der KO-Runde Kantersiege gegen die Aussenseiter Österreich (6:0) und Dänemark (7:0) eingefahren. Sie gehen damit geruht, aber nicht übermässig gefordert ins Finale.

«Wir haben den vierten Anlauf und wir werden alles geben, damit wir den Pokal in die Schweiz holen können», sagt der Nationaltrainer Patrick Fischer. «Wir kamen noch nie so ausgeruht ins Finale an. Die IIHF hat auch die Halbfinalzeiten nach vorne geschoben. Wir brauchen Energie. Unser Spiel ist aufgebaut auf Geschwindigkeit, Intensität und Härte.»

Die Schweiz wurde noch nie Weltmeister, holte aber viermal Silber (1935, 2013, 2018, 2024). Seit der Einführung der Playoff-Runde sind die Schweizer zweimal an Schweden und letztes Jahr an Tschechien gescheitert. Diesmal haben die Schweizer auf dem Eis den Heimvorteil – und wohl auch auf den Rängen, wenn der Gegner USA heisst.

Auch die Amerikaner wollen Geschichte schreiben. Das erste und einzige Mal, als sie das Turnier gewannen, war 1933. (Dazu kommt Gold im Olympia-Turnier 1960, das als WM gezählt wurde.)

«Wir gewannen letztes Mal 1933. Wir sprachen darüber. Das ist nicht gut für uns. Wir haben nun die Chance», sagt der Trainer Ryan Warsofsky. «Wir hatten viele Widrigkeiten während des Turniers und gingen da durch und lernten daraus. Wir werden uns weiter verbessern und reifer werden.»

Er glaubt auch, dass die grössere Eisfläche seinen Spielern entgegenkommt. «Es hilft unseren Spielern, die gut laufen. Je länger wir darauf spielen, desto besser werden wir. Wir wollen unsere Beine nutzen und unsere Jugend. Wir müssen Grundvoraussetzungen schaffen, schnell sein, Zweikämpfe gewinnen um zu siegen.»

Schweizer Weckruf für die USA

Die Amerikaner haben zuletzt sechs Spiele in Folge gewonnen. Die letzte Niederlage war in der Vorrunde gegen… die Schweiz, 0:3.

«Das Spiel gegen die Schweiz öffnete uns die Augen, dass wir hier gegen einige harte Gegner spielen würden und dafür muss man von Beginn an bereit sein. In jenem Spiel waren wir an Anfang nicht wirklich bereit, aber im Finale wird es anders sein»; sagt der Stürmer Logan Cooley. «Es wird ein tolles Spiel, wir freuen uns darauf.»

«Die Schweizer sind ein wirklich gutes Team, technisch stark. Sie spielen schnell und sind schwierig in Schach zu halten. Wir müssen unser bestes Spiel zeigen», fügt er an. «Man kommt ins Turnier um ins Finale zu kommen und jetzt wo wir es endlich geschafft haben, haben wir uns eine grosse Möglichkeit gegeben Gold heimzubringen und wir haben das lange nicht geschafft. Hoffentlich sind wir das Team, das es schafft.»

In den letzten vier Jahren kamen die Amerikaner dreimal ins Halbfinale, nur um es zu verlieren. Diesmal soll es anders sein.

Die Amerikaner sind mit einem jungen Team angereist, das im Schnitt 24 Jahre alt ist (CH: 29) und auch grösser (188 vs. 184 cm) und schwerer (91 vs. 88 kg) als die Schweizer.

«Wir haben ein junges Team, aber wir haben grossartige Leader in diesem Team, die in grossen Spielen gespielt haben. Das hilft uns jungen Spielern. Wir haben einen guten Mix von jungen und erfahrenen Spielern auf die wir setzen können», sagt Cooley. «Einige europäische Teams haben den Vorteil, dass sie mehr Erfahrung zusammen und mit der grossen Eisfläche haben, aber wir haben uns ziemlich gut angepasst und fanden unser Spiel.»

Dass die 0:3-Vorrundenniederlage gegen die Schweiz ein Schlüsselmoment war, findet auch der Verteidiger Andrew Peeke.

«Die Schweizer sind gut. Sie liessen uns anrennen. Sie schlugen uns in der Vorrunde, was ein Weckruf für uns war. Wir werden bereit sein», sagt er.

Generell ist bei den Amerikanern die Vorfreude auf die Revanche zu spüren.

«Die Schweizer haben eine gute Mannschaft. Sie spielen einfach, sie mögen es nordwärts zu spielen, ähnlich wie wir gerne spielen», sagt der Stürmer Cutter Gauthier über die Schweizer. «Wir spielten sie zuvor. Sie verlangten uns alles ab. Wir können es kaum abwarten wieder gegen sie zu spielen.»

Die Schweizer sind also gewarnt: Das Team USA will seine Lektion gelernt haben und spielte zuletzt beeindruckend. Im letzten Gruppenspiel fingen sie die Tschechen mit einem 5:2-Sieg ab, bezwangen Finnland im Viertelfinale 5:2 und Schweden im Halbfinale gar 6:2.

Amerikaner wie die Feuerwehr

«Wir wissen, dass wir morgen einen ganz anderen Gegner erhalten werden. Die Kanadier und Amerikaner werden meistens stärker, je länger das Turnier geht, da es zusammengewürfelte Mannschaften sind. Sie können sehr gut Hockey spielen. Wir sahen das gegen Schweden», sagt der NHL-Legionär Nino Niederreiter. «Es wird ein geradlinigeres Spiel sein. Sie kommen wie die Feuerwehr. Sie werden ihr Spiel spielen und wir müssen Ruhe und Geduld bewahren.»

Niederreiter kam erst kurz vor Ende der Vorrunde und verpasste jenes Spiel. Dass die Amerikaner stärker geworden sind, hat sich aber rumgesprochen.

«Die spielen auch sehr gut Hockey. Sie sind sehr offensiv und haben sehr gute Einzelspieler. Ich glaube, vom Goalie, vom Hintersten bis zum Vordersten, müssen wir einfach unser Spiel spielen», sagt Denis Malgin.

«Wir spielen allgemein gutes Hockey. Jeder geht für jeden. Wir arbeiten hinten gut, wir arbeiten vorne gut und ich glaube, dass dies jeden motiviert.»

«Sie haben sehr starke Spiele gespielt seit wir sie gesehen haben. Sie haben Selbstvertrauen. Sie haben eine Riesenmannschaft aus dem Turnier geworfen», sagt Fischer mit Verweis auf den Halbfinalsieg gegen Schweden.

Ambühls Abschiedsspiel

Auch für unseren WM-Rekordmann Andres Ambühl beginnt es wieder bei Null. «Jedes Mal, wenn ein Finale beginnt, ist alles neu. Beide Mannschaften kommen raus, wollen gewinnen und geben Gas. Jeder wird bis in die Haarspitze motiviert sein», sagt Ambühl. «Es war gut in der Vorrunde, aber nun ist ein neues Spiel und wir müssen von Anfang an bereit sein. Wir müssen unser Spiel weitermachen wie bis jetzt – einfach und geradlinig, schnelles Transitionsspiel, Forechecking.»

Was aufgrund der guten Leistungen fast wieder untergeht: Ambühl bestreitet am Sonntag sein letztes offizielles Spiel. Mit einer Medaille um den Hals wird er also die Karriere in Stockholm offiziell beenden. Nur die Farbe ist noch offen.

«Wenn ich daran denke, dass es Ambühls letztes Spiel wird, bekomme ich Hühnerhaut. Dass ich dabei sein darf, schätze ich extrem. Seit 2010 haben wir zusammengespielt und viele schöne Momente erlebt», sagt Niederreiter.

«Eine Riesenkarriere geht morgen zu Ende. Er hat sich das richtige Spiel ausgewählt um seine unglaubliche Karriere zu beenden wie sie wohl niemand mehr haben wir mit seinen Weltrekorden», sagt Fischer. «Es freut mich für ihn. Ich weiss, dass dies für die Mannschaft eine spezielle Motivation ist. Wir wollen ihm den richtigen Abschluss geben.»

Die Vorfreude ist ganz bei Ambühl, auch wenn er weiterhin cool wirkt bei Fragen über den Gegner.

«Ich habe Freude, dass wir gewonnen haben und dass es am Abend weitergeht und nicht am Nachmittag», so Ambühl. «Sicher ist es ein Traum, wenn das letzte Spiel ein WM-Finale ist, aber wir sind noch nicht fertig und wollen auch das Spiel gewinnen.»

Gold oder Silber? Bald wissen wir mehr darüber, mit welchen Medaillen die Schweizer heimreisen werden. Spielbeginn ist um 20:20.

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